Alles super: die Agile 2015 in Washington DC
Die mit über 2.300 Teilnehmern wahrscheinlich größte Konferenz der agilen Community ging am 7. August, vor knapp drei Wochen, zu Ende. Ich hatte das Glück, in Washington DC. ab 3. August bei der Agile 2015 dabei zu sein. Besonders beeindruckt haben mich die Vielfalt der Themen und der interaktive Charakter der Sessions. Der Mensch steht eben im Mittelpunkt. Doch dazu später mehr. Jedenfalls schien das Motto „super“ zu sein: draußen super heiß, drinnen super kalt, der Konferenzort super groß, die Teilnehmer super viele, die Sessions super toll, agil löst Superprobleme und wir sind alle Superhelden.
Von über 1.250 Einreichungen wurden über 250 nach einem rigorosem Review-Verfahren angenommen. Dementsprechend groß war die Vielfalt in 17 parallelen Sessions innerhalb der fünf Tage. Dadurch war es sehr schwer, zwischen den einzelnen Sessions zu wählen. Die Tracks gingen u. a. vom „Agile Bootcamp“ über „Coaching & Mentoring“, „Collaboration, Culture & Teams“, „Devops“, „Leadership“, „Test“ bis hin zu „User Experience“. Mein Beitrag war ein „Experience Report“ über unsere Erkenntisse aus mehreren Jahren verteilter Scrum-Arbeit. Unter dem Titel „Facing Fake-To-Fake: Lessons Learned from Distributed Scrum“ gab ich einen Überblick über unser Konzept ETEO (Ein Team Ein Office), welches aus den gemachten Erfahrungen resultiert. Auch deshalb waren für mich die Beiträge „Introduction to Agile with Distributed Teams: Working with Remote Team Members“ von Jutta Eckstein und „Leading Global Teams“ von Todd Little besonders interessant.
Vielfältig waren auch die Formate. Neben klassischen Vorträgen gab es eine etwa gleiche Anzahl an Workshops. Sogenannte „Stalwarts“ boten die Möglichkeit, eigene Fragen und Themen einzubringen und gezielt darüber zu sprechen. Die „Coaching Clinic“ bot jedem die Möglichkeit, während der Konferenz bei erfahrenen Coaches Hilfe und Rat für die eigenen Probleme zu bekommen. In der „Agile Alliance Lounge“ konnte man sich bei Bedarf ausruhen oder andere Konferenzteilnehmer treffen. Schließlich gab es auch „Lightning Talks“, in denen in maximal fünf Minuten ein Thema vorgestellt wurde. Natürlich gab es auch eine Ausstellung der Sponsoren.
Für den Ideenaustausch gab es viele Gelegenheiten. In fast jedem Vortrag wurde der Dialog mit dem Nachbarn in der Reihe oder am Tisch unausweichlich, weil der Redner ein kleines Brainstorming oder Coaching-Übungen initiierte. Auch auf abendlichen Veranstaltungen konnte man mit Scrum Mastern, Product Ownern, Agile Coaches, Entwicklern und Testern ins Gespräch kommen. Ich nutzte natürlich die Gelegenheit, um von unserem Ansatz für verteilte Scrum-Teams zu sprechen. Ein Flyer zum eteoBoard gab es ebenfalls dazu. Den Höhepunkt bildete die „Superhero Party“ am Donnerstagabend, in der wir aufgefordert waren mit einem Superheldenkostüm aufzutreten. Wer keins hatte, konnte ein Cape umhängen oder eine Maske aufsetzen. Batman hatte sogar sein Batmobil dabei.
Die zweite Keynote am Mittwoch von Jessie Shternshus eröffnete eine weitere Perspektive auf die Weiterentwicklung von Teams mit Hilfe von Improvisationstechniken. In ihrem Vortrag „Individuals, Interactions and Improvization“ zeigt sie uns Übungen zur Verbesserung der Teamkommunikation. Ihre Meinung war, dass wenn Mitglieder eines Teams nicht miteinander reden könnten, dann könnten sie auch nicht produktiv sein. Agil bedeute, wie in der Improvisation, spontan auf neue Herausforderungen zu reagieren und sich mit seiner ganzen Persönlichkeit einzubringen.
Die dritte Keynote am Freitag von James Tamm mit dem Titel „Want Better Collaboration? Don’t be so Defensive!“ thematisierte die Art der Zusammenarbeit und wie man sie entweder positiv oder negativ beeinflussen kann. Die fünf essentiellen Skills für eine kollaborative Umgebung sind kollaborative Intention, Wahrhaftigkeit, Selbstverantwortung, Selbsterkenntnis und Verhandlung bzw. Problemlösung. Im Selbstversuch konnte man während des Vortrags seine fünf stärksten Symptome für negative Kollaboration identifizieren und mit seinem Nachbarn einen Plan für die Vermeidung dieser erarbeiten. Viele Reaktionen sind häufig unnötig und die reine Sensibilierung kann helfen, Zusammenarbeit fokussierter und zielorientierter zu gestalten.
Die thematische Ausrichtung der Keynotes zeigt deutlich, dass erfolgreiche Zusammenarbeit nicht nur von Prozessen und Tools abhängig ist. Die Community scheint sich insbesondere dafür zu interessieren, wie die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen und die Eigenverantwortung jedes Einzelnen verbessert werden kann. Denn daraus erwachsen die nachhaltigsten Veränderungen und die effizienteste Zusammenarbeit.
Dieser Aspekt gewinnt auch zunehmend in unserem Konzept ETEO an Bedeutung. Meine Erfahrung zeigt, dass Prozesse und Tools nicht ausreichen, um unsere Teams optimal in der verteilten Teamarbeit zu unterstützen. Deshalb schaffen wir darüber hinaus einen gemeinsamen, vertrauensfördernden Projektraum, der die fehlende Kommunikation von Angesicht-zu-Angesicht annährend ausgleichen soll. Gemeinsam mit unserem Teamcoach entwickeln wir konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Selbstverantwortung und der Kommunikation in unseren Teams.
Insgesamt war die Agile 2015 eine großartige Gelegenheit die Saxonia Systems AG und ETEO auf dem internationalen Parkett zu präsentieren. Egal mit wem ich gesprochen habe, stets war die verteilte Teamarbeit ein bekanntes Thema. Besonders anerkannt wurde der umfassende Ansatz von der Technik, des Umfelds bis hin zum Team. So geht verteilte, agile Softwareentwicklung.